Triumph TR5 PI krönt die Figur

25Nov12

Quelle: Rallye Racing, Dezember 1968

Günter Wiechmann

Selten ist ein Lielingskind gleichzeitig das bestgeratene. Das läßt sich auf Autos übertragen und heißt, daß nicht wenige Männer ganz verträumte Gesichtszüge bekommen, denken sie an bestimmte Wagentypen, bei denen gewisse Konstruktionsmängel zum Charakter zu gehören scheinen.

 

Solch ein Auto ist der Triumph TR 5. Obwohl die seit acht Jahren unveränderte, von Michelotti geschaffene Karosserie zu den klassischen Formen im Sportwagenangebet zählt, hat sich seitdem doch einiges unter dem urig geformten Blech geändert, der Charakter hat sich in jeder Hinsicht gebessert. Vor drei Jahren erhielt der TR 4 die Einzelradaufhängung des modernen Triumph 2000 und den Zusatz IRS (Independent Rear Suspension). Das war bei der Einführung des GT 6, und wenn man beide Wagen im kurzen Fahreindruck verglich, schien man im TR 4 einen Lastwagen zu bewegen, im GT 6 ein leichtgängiges, jedoch ebenso unkontrollierbares Stadtauto.

 

Mit 100 PS aus 2,2 Litern setzte sich der TR 4 nicht wesentlich von dem 90 PS starken GT 6 ab, und die Konkurrenz der Alfa, der Fiat und der sportischen Alltagswagen machte den Fahrwerten den Garaus. Nach Väter Sitte besann man sich des alten Konstruktions-Konzeptes für englische Sportwagen. Man greife in die Regale, in denen vorhandene und erprobte Teile aus der Großserie liegen. Da war der Sechszylinder-Motor, der Vitesse, GT 6 und Triumph 2000 antreibt.

Mit einem fast quadratischen Bohrung Hub-Verhältnis von 74,7 x 76 mm recht „unenglisch“, bediente man sich der Methode, durch eine neue Kurbelwelle den Hub auf klassische 95 mm zu verlängern, wodurch man auf einen Hubraum von 2.498 ccm kam, der schon einen gehörigen Schub Mehrleistung versprach.

 

Frischer Wind wehte jedoch endlich, als man sich emschloß, den sechs Zylindern eine Einspritzanlage von Lucas zu verpassen. Sie fördert das Benzin direkt in die Ansaugrohre und verschafft der Bezeichnung TR 5 den Zusatz „PI“ (Petrol Injection). All diese neuen Maßnahmen führten dazu, daB der 2,5-Liter-Motor auf eine DIN-Leistung von 143 PS kam, die allerdings einen recht breiten Buckel haben. In keiner Drehzahlphase des Motors fühlt man sich von der beinahe urwüchsigen Kraft verlassen, und mit einem Drehmoment von 22.7 mkp bei 3000 U min wird der Drehzahlmesser wieder zum zweitrangigen Instrument. Allerdings kann sich ein Drehzahlfanatiker im TR 5 PI nicht begeistern.

Bei 5500 U/min wird die maximale Leistung abgegeben, und man sollte diesem Wert, bei dem auf dem Drehzahlmesser der orangene Bereich beginnt, ernsthaft respektieren. Wie bei allen Langhubern schwingt sich die Kolbengesehwindigkeit
bald in kritische Bereiche, und bei 5500 U/min sind 17,5 m/sec bereits erreicht.

143 PS aus 1,5 Litern leistet das Triebwerk mit der Lucas-Bezineinspritzung. Der Sechszylinder ist derart elastisch, daß der Fahrer des TR 5 alles andere als sportlich sein muß. um mit ihm zu fahren. Zusammen mit dem Överdrive und dem satten Drehmoment können bei „zivilen“ Drehzahlen enorme Geschwindigkeiten erreicht werden.

Doch das stimmt nicht traurig, bedenkt man, daß der Motor bereits ab 1000 U/min volle Kraft freiwerden läßt. Zusammen mit dem Overdrive, das für zusätzliche 805,- DM zu empfehlen ist, bewegt sich die Drehzahl in wahren Traktor-Bereichen, und man empfindet es nicht als Mangel. Noch bei 135 km/h auf dem Tacho zeigt der Drehzahlmesser 4000 U/min, mit eingeschaltetem Overdrive zeigt die Tachonadel bei gleicher Drehzahl auf 170 km/h.


Die Ausstattung des TR 5 PI ist gediegen, solide und vollkommen englisch. Ledernes Lenkrad und echt hölzernes Armaturenbrett sprechen von Güte. Die etwas knochenhart zu bedienende Schaltung liegt griffgünstig, doch hat man sich in dieser Hinsicht bei der Konstruktion des Innenraumes auch keine Probleme aufgeladen. Mit der begrenzten Sitzverstellung hat man zufrieden zu sein. Das Verdeck läßt sich mit wenigen Handgriffen verstauen und ebenso schnell wieder montieren.

Das Fahrverhalten des Wagens leidet nach wie vor etwas unter der Verwindungsfreudigkeit der Karosserie, die vor allem auf unebenen Straßen fühlbar wird. Durch hohe Leistung und sattes Drehmoment reizt das Fahrzeug gar nicht zum Sprinten. Tut man es doch, muß man sehr viel arbeiten und bekommt recht bald die Grenzen der Federung und der an Längslenkern aufgehängten Hinterachse zu spüren. Sauber in die Kurve gelenkt gibt sich der TR 5 gleichmäßig untersteuernd. Bei feuchter oder glatter Fahrbahn bzw. wenn man zu schnell eme Kurve angeht übersteuert er sehr unsanft, und man wird ums „Zaubern“ nicht umhin können.


Triumph hat vieles getan, das etwas bösartige Kind in rechte Bahnen zu lenken. Daß Charakterschwächen geblieben sind, wird der Techniker verurteilen, der Autofan mit Herz wohlwollend hinnehmen.